Zukunftsvorstellungen im Mittelalter: Ein Einblick sowie Ausblick in die aktuelle Forschung

Wenn man jemanden fragt, wie man sich die Zukunft vorstellt, dann ist die Antwort bei den meisten sehr ähnlich: geprägt durch verschiedene Sci-Fi Literatur und Filmproduktionen, steuern wir auf ein Leben im Weltall zu.
Würde man aber einer Person aus dem Mittelalter die Frage stellen, sieht die Vorstellung wiederum ganz anders aus. Dass es bereits im Mittelalter Zukunftsvorstellungen gab, wurde bisher von der Forschung nur wenig beachtet oder nur auf die Vorstellung von der Endzeit hingewiesen. Doch in der letzten Jahren haben sich vermehrt Forscher mit der Thematik auseinandergesetzt und versucht, näher auf die mittelalterliche Zukunftsvorstellung einzugehen. Dementsprechend möchte ich in diesem Beitrag auf die verschiedenen Erkenntnisse der aktuellen Forschungsprojekte, mit Fokus auf das mittelalterliche Europa, eingehen.

Deutungsschlacht: Grunwald in der polnischen Westforschung

„Machen wir uns die Größe unserer Aufgaben bewusst. Machen wir uns unserer historische Verantwortung bewusst.“ (1) Zygmunt Wojciechwoski schreibt diese Worte 1945 in seinem Aufsatz „Grunwald“ – ein Aufsatz, der richtungsweisend für die polnische Geschichtswissenschaft der Nachkriegzeit wird. Als Polen nach Ende des Zweiten Weltkriegs Gebiete bis zur Oder Neiße-Grenze zugestanden werden, geht für den polnischen Historiker ein Traum in Erfüllung: „Jetzt bin ich glücklich mit mir und meinen Zeitgenossen, dass unsere Augen die Verschmelzung der Mutterländer zu einem Ganzen sehen werden.“ (2) Seine politische Idee von einem unabhängigen polnischen Staat – bestehend aus eben diesen „Mutterländern“ – scheint sich zu bestätigen. Sie wird zur Leitidee und bestimmend für die Richtung der polnischen Westforschung.

Die „Leichensynode“ 896/97 – Ein Pontifikat als Objekt von Deutungskämpfen

Eines der wohl spektakulärsten und bis heute berüchtigtsten Ereignisse der Kirchengeschichte der römisch-katholischen ecclesia ist zweifelsohne die „Leichensynode“, die Ende 896 oder – wahrscheinlicher – Anfang 897 in Rom über die eigens hierfür exhumierten sterblichen Überreste des von 891 bis 896 amtierenden Papstes Formosus abgehalten wurde. Formosus’ zweiter Nachfolger Stephan VI. (sein unmittelbarer Nachfolger Bonifatius verstarb bereits nach 15 Tagen auf dem Heiligen Stuhl) leitete die auch als horrenda synoda bezeichnete Gerichtssynode über den Körper des etwa ein Dreivierteljahr zuvor Verstorbenen.

Winter is coming: Das Lied von Eis und Feuer und seine historischen Vorbilder – Teil II

Kaum eine Serie ist so berühmt und berüchtigt wie Game of Thrones! Mit seinen Büchern hat es George R.R. Martin geschafft, ein Millionenpublikum für sich zu gewinnen. Mit der Verfilmung der Bücher kam es zu einem regelrechten Hype, zu einer immer größer werdenden Fangemeinde und zu einer Bereicherung der Populärkultur.
Wie viele Phantasie-Bücher, befinden wir uns bei Game of Thrones in einer fiktiven, europäischen, mittelalterlichen Welt. Martin selbst ist ein passionierter Leser historischer Romane, doch in einem Interview meinte dieser, dass das Problem bei historischen Romanen ist, dass man weiß, wie es ausgeht – ganz anders bei Game of Thrones, was nach dem Motto Expect the Unexpected lebt. Dennoch lässt sich erkennen, dass sich Martin von historischen Ereignissen hat inspirieren lassen, welche wir euch in unserer Winter is coming – Reihe präsentieren möchten.
[Warnung! Wer die Bücher noch nicht gelesen oder die komplette Serie noch nicht gesehen hat, dies aber noch tun möchte, sollte wissen, dass es in diesem Artikel auch Spoiler gibt! Es empfiehlt sich also vorher entweder die Bücher zu lesen, die Serie zu schauen oder beides 😉]

Mittelalter Bullshit-Mythen – NN-Podcast Folge XII

Im Mittelalter waren alle Menschen dumm, die Erde eine Scheibe und ständig wurden Hexen verbrannt? Außerdem haben sich alle Juden mit dem Verleih von Geld bereichert? Diese Mythen sind weit verbreitet, doch sind sie auch wahr? Dieser Frage gehen die beiden Hosts Johannes und Niki zusammen mit ihrem Gast Tobi nach. Niki und Tobi haben„Mittelalter Bullshit-Mythen – NN-Podcast Folge XII“ weiterlesen

Zwischen Rom und Aachen. Karl der Große und die historische Bedeutung seiner Kaiserwürde

Heiligabend ist als Vorabend des Ersten Weihnachtsfeiertages ein Fest, das die meisten von uns heute im Kreise der Familie verbringen. Vor etwas über 1200 Jahren war Heiligabend für Karl den Großen wohl gleichsam der erste Ruhetag nach einer arbeitsreichen, sich über mehrere Wochen erstreckenden Gerichtssynode und der Vorabend des Tages, mit dem er wohl am nachhaltigsten in die Geschichte eingehen sollte: dem Tag seiner Kaiserkrönung. Ob diese Kaiserkrönung am Weihnachtstag des Jahres 800 das größte Weihnachtsgeschenk war, das Papst Leo III. Karl machen konnte, oder ob Karl seine neue Würde allenfalls widerwillig annahm, ist heute nicht mehr ganz nachvollziehbar. Einen Ansatz, was seine Krönung und die Kaiserwürde für Karl bedeutet haben, erlaubt sich unser Autor dennoch aufzustellen.