„Hinter den Kulissen des Historikertages 2021“ – Ein Gespräch mit Geschäftsführerin PD Dr. Denise Reitzenstein

von Sabrina Laue

Rubrikinfo: HISTORIKERTAG 2021
Vom 5. bis 8. Oktober 2021 findet der 53. Deutsche Historikertag zum Thema „Deutungskämpfe“ statt – dieses Mal in München und digital, ausgetragen von der LMU und organisiert in Kooperation mit dem VHD (Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands). Der Historikertag findet alle zwei Jahre an einer anderen deutschen Universität statt und ist einer der größten geisteswissenschaftlichen Kongresse Europas.
Weitere Informationen zum Historikertag: https://www.historikertag.de/Muenchen2021/?cookie-state-change=1633093449013

Vom 5. bis 8. Oktober findet der 53. Deutsche Historikertag statt – dieses Mal in München, ausgetragen von der LMU und organisiert in Kooperation mit dem VHD (Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands). Der Historikertag findet alle zwei Jahre an einer anderen deutschen Universität statt. Geleitet wird die Organisation des wohl größten geisteswissenschaftlichen Kongresses Europas von Sprecher Prof. Dr. Martin Zimmermann und Geschäftsführerin PD Dr. Denise Reitzenstein vom Historischen Seminar der LMU.
Ich hatte die Gelegenheit mit Denise Reitzenstein über die Umsetzung eines Historikertages der ganz anderen Art zu sprechen – ein kleiner Blick hinter die Kulissen des geschichtswissenschaftlichen Großevents.

Dr. Denise Reitzenstein; Foto: © Astrid Eckert / Photographie; mail@astrid-eckert.de; +49 171 26 89 601


Zur Person:
PD Dr. Denise Reitzenstein ist Althistorikerin und Akademische Rätin am Historischen Seminar der LMU sowie Geschäftsführerin des 53. Deutschen Historikertages.

Wie kommen Historikertage an die Universität?

Doch zunächst zurück zum Anfang, in das Jahr 2018. Beim letzten Historikertag in Münster stellen Zimmermann und Reitzenstein die LMU als Veranstaltungsort vor. Ausschuss und Vorstand des VHD überlegen und diskutieren die Möglichkeiten, final abgestimmt wird in der Mitgliederversammlung des vorangegangenen Historikertages. Man entscheidet sich für München. 

„Martin Zimmermann [hat] als Sprecher des 53. Deutschen Historikertages zugesagt […], wenn ich den Historikertag mit ihm zusammen im Team organisiere“, erzählt Denise Reitzenstein. „Er hatte damals in der Vorbereitung, als er gefragt wurde, ob er diese Rolle übernehmen würde, schon gesagt, dass das daran geknüpft ist, dass ich als Geschäftsführung ja sage und wir das ganze im Team organisieren.“

Austragungsort ist zwar die LMU, der VHD ist jedoch Hauptveranstalter des Kongresses. So werden Motto und Partnerland von dem Verband bestimmt. Ideen werden im Ausschuss gesammelt und diskutiert. Dieses Jahr steht der Historikertag im Thema „Deutungskämpfe“. „Man überlegt dann: Was soll das eigentlich heißen? Was ist mit Deutungskämpfen gemeint? Danach intensiviert man die inhaltliche Ausarbeitung des Themas – alles Abläufe, die im VHD vorangetrieben worden sind. Da sind wir hier in München gar nicht so sehr involviert gewesen, da wir hier die Organisation machen und die Inhalte beim VHD liegen.“ Auch mit der Programmgestaltung verhält es sich ähnlich: 2019 gab es die Ausschreibung und die Bewerbungen werden im VHD besprochen und zur Abstimmung gebracht.  Das Hauptaugenmerk des Historikertages liege auf den Fachsektionen, dafür gab es 2019 die Ausschreibung. „In einer Sitzung am Nikolaustag 2019 wurden diese 189 Vorschläge intensiv im Ausschuss vorgestellt, diskutiert, abgestimmt und auf 95 Sektionen eingedampft. Dann hatten wir das Programm und sind dann damit in München relativ schnell zur Umsetzung gekommen.“

Vorfreude auf neue Aufgaben

Die Erwartungen und Vorstellungen von ihrer Arbeit als Geschäftsführerin waren 2018 noch ganz anders: „Das war natürlich […] eine völlig andere Situation, mit der wir eigentlich geplant und gerechnet haben – mit einem Präsenz-Historikertag im September 2020.“
Natürlich seien diese an das Bild einer Präsenzveranstaltung geknüpft gewesen, einem Event bei dem viele Leute zusammenkommen und sich verschiedene Gruppen und Generationen austauschen. Der Rolle als „Event-Managerin“ blickte sie positiv entgegen, vor allem auch „einfach mal wieder eine andere und neue Herausforderung anzugehen. Ich hab ja schon einige Jahre davor Erfahrung in Wissenschaft, Forschung und Lehre und auch in der Verwaltung gesammelt. Für mich war es interessant, einfach mal ein paar Jahre etwas anderes zu machen.“

Corona: Digitaler Kongress statt Präsenzveranstaltung

Doch dann wird der Historikertag verlegt. „Das hatte natürlich mit der Corona-Pandemie zu tun. Da wurde alles eingefroren.“ Die Pandemie macht den Organisator:innen einen Strich durch die Rechnung: Statt einem physischen Kongress gibt es den Historikertag ein Jahr später als digitales Event. 
Neben großen organisatorischen Änderungen und Anpassungen, habe Corona, so Reitzenstein, den Kongress inhaltlich nur marginal beeinflusst. Im Programm werde für spontane Sektionen sowieso immer Raum gelassen und diesmal widme sich eine solche Sektion Corona und der Situation der Archive. Ansonsten sei das Programm dasselbe, das für 2020 geplant war. Trotz allem ein langer Zeitraum zwischen Ausschreibung und Umsetzung – manche Sektionen haben sich in der Zwischenzeit zurückgezogen, in einer anderen Situation hatte die Verlegung leider dramatischere Auswirkungen: „Wir hatten tatsächlich auch den Fall, dass eine Person zwischenzeitlich leider verstorben ist. Das sind natürlich nicht nur persönlich tragische Entwicklungen, sondern auch eine Folge der Verlegung und der langen Zeit zwischen Planung und Durchführung – inhaltlich weniger sichtbar, organisatorisch dann aber doch.“ 
Die Organisation seit Beginn von Corona habe sich logischerweise auch ganz anders gestaltet, als noch zu Beginn: Da gab es zunächst regelmäßige Präsenztreffen in Frankfurt, in der Geschäftsstelle des VHD. Mit der Pandemie wurden diese in Videokonferenzen verlagert, die Kommunikation läuft online. „Ich hab seit dem 1. Oktober 2020 eine sehr nette Kollegin, mit der ich in sehr enger Absprache über Durchführung und Organisation des Historikertages spreche. Wir haben uns bisher noch nicht persönlich gesehen, aber viel Zeit miteinander in Videokonferenzen und am Telefon verbracht. Das funktioniert von der Zusammenarbeit sehr gut, es ist aber tatsächlich auch sehr ungewöhnlich, sich bisher noch nie gesehen zu haben. Das steht jetzt im September an und wir sind schon sehr gespannt.“

Ansonsten steht Reitzenstein der Änderung zur digitalen Konferenz eher indifferent gegenüber. Natürlich sei die Organisation eines digitalen Events in der Umsetzung vor Ort eine Herausforderung gewesen, vor allem auch was ihre Kommunikation und Kooperation mit den IT- und Technik-Verantwortlichen betrifft. „Wenn dann der Technik-Bereich auf einen geisteswissenschaftlichen Bereich trifft gibt es immer erst einmal gewisse Reibungsverluste. Man muss erst einmal ,übersetzen‘ von der einen in die andere Sprache – von exakter Planung im Digitalbereich und dem offenen Denken innerhalb der Geisteswissenschaften.“ Es sei spannend, ein solches Projekt zu entwickeln. Eine digitale Konferenzplattform bieten den Knotenpunkt, in welchem man sich im digitalen Raum bewegen wolle. „Dass das aber alles nicht ohne Probleme und Herausforderungen abläuft kann man sich sicher denken“, lächelt Reitzenstein. Ein wichtiger Punkt sei aber auch, nicht zu übertriebenem Perfektionismus zu neigen – „Wir bemühen uns viele Fehler von vornherein gar nicht aufkommen zu lassen, aber es wird auch nicht ohne Fehler gehen.“

Für sie sei es trotzdem eine schöne Abwechslung zur Vorbereitung eines Präsenz-Historikertages gewesen. Dieser war vor der Pandemie in der Planung schon weit fortgeschritten war: „Ich persönlich freu mich auf diese völlig andersartige Aufgabenstellung, und auch viel im Bereich Technik dazu zu lernen, aber auch mit im Prozess dabei zu sein, wenn sich neue Tools in der Durchführung digitaler Konferenzen erst entwickeln.“ Natürlich sei das für die Community der Historiker:innen in dieser Größenordnung ein totales Novum, doch man sei jetzt auch in einer neuen Entwicklung dabei, und im Austausch mit erfahrenen Personen aus Fehlern zu lernen, sei sehr reizvoll. Reitzenstein hofft auf Anklang in der Community.

Gerade auch für Geschichtsstudent:innen spannend

Ursprünglich habe man gehofft, dass Studierende in München reale Begegnungen mit anderen Studierenden aus verschiedenen Städten, aber auch mit Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Karrierestufen haben können. Der Historikertag war schon immer eine gute Möglichkeit, auch für die Zukunft vorzubauen, auch für diejenigen, die es nicht unbedingt in den wissenschaftlichen Bereich zieht, sondern eher in Verlage, Archive oder ähnliches. Normalerweise gibt es zu diesen beruflichen Richtungen eine Fachausstellung. 

Martin Zimmermann und sie haben sich von Anfang an für die Bezahlung der studentischen Hilfskräfte eingesetzt. Diese hätten eine wichtige Rolle im Hintergrund des Historikertags. So sollten unbedingt Hilfskraft-Verträge geschlossen werden und Student:innen nicht ehrenamtlich eingespannt werden. „Ich bin sehr froh, dass gerade auch in der Corona-Pandemie, in der viele Jobs für Studierende weggebrochen sind, darauf gepocht wurde, mithelfende Studierende zu bezahlen.“ Vor allem aber die Erfahrung, bei einem solchen Event mitzuwirken, wie auch das Netzwerken seien spannend für Student:innen. Dabei zu sein, „an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Vermittlung, Wissenschaftskommunikation und Digitalem“.

Auch die Fachschaft hat sich seitens der Studierenden mit einem digitalen Begleitprogramm eingebracht. Denise Reitzenstein lobt die Zuverlässigkeit der Studierenden. Für das Begleitprogramm und bei anderen Angeboten der Studierenden, so Reitzenstein mit einem Lächeln, habe die Zusammenarbeit immer reibungslos funktioniert.

Der Historikertag rückt näher – aber auf welche Veranstaltung, welches Format freut sich die Geschäftsführerin eigentlich am meisten? „Der History-Slam“, so Reitzenstein. „Ein schönes Format, gute Master- und Doktorarbeiten unterhaltsam und kreativ vorzustellen.“

Vielen Dank für das Gespräch!

Bildnachweis:
Foto: © Astrid Eckert / Photographie; mail@astrid-eckert.de; +49 171 26 89 601

Header: Sabrina Laue
Layout: Stephanie Kramer

Veröffentlicht von nomennominandum

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